Auf dem schönsten Balkon Europas

Wer weiß, wo wir sind? Meine luxemburgische Freundin Simone sicherlich. Sonst noch wer? Ich wusste bis gestern jedenfalls nicht, dass der Chemin de la Corniche in Luxemburgs Hauptstadt Luxemburg als schönster Balkon Europas bezeichnet wird. Das sind ja ganz schöne Vorschusslorbeeren. Na, dann wollen wir doch mal schauen. Man spaziert entlang der Stadtmauer und die verschiedenen Ebenen der Stadt liegen sehr malerisch vor einem: ganz oben der Kirchberg mit den modernen europäischen Einrichtungen, in der Mitte die Haute Ville, die Oberstadt, und unten am Fluss die Basse Ville, die Unterstadt.

Links oben die Oberstadt, Mitte oben der Kirchberg, Mitte unten die Unterstadt mit dem Stadtviertel Grund

Ich bin zum ersten Mal in Luxemburg, habe aber verschiedene Erinnerungen an dieses kleine Land. Die älteste: Radio Luxemburg. Den Sender haben wir als Jugendliche immer gehört.

Träipen, eine Blutwurst, und Zigaretten namens Maryland haben Simones Eltern immer mitgebracht, wenn sie uns in München besucht haben.

Die Luxemburg Krimis von Tom Hillenbrand um den früheren Sternekoch Xavier Kieffer habe ich alle gelesen. So schade, dass es keine neuen gibt.

Und dann habe ich die Sprache, das Lëtzebuergesch, noch im Ohr. Von früher, wenn Simone mit Familie oder Freunden in Luxemburg telefoniert hat und das in unserer WG nicht zu überhören war.

Sehr sympathisch alles.

Zum Beispiel auch dieses hier: Seit dem 29. Februar 2020 ist der öffentliche Nahverkehr für alle kostenlos, sowohl für Einwohner als auch für Touristen. Der Gratistransport gilt für Züge, Straßenbahnen und Busse. Vom Campingplatz in Kockelscheuer fährt alle viertel Stunde ein Bus in die Innenstadt. So geht ÖPNV. Natürlich nehmen wir den Bus, um vom Campingplatz in die Stadt zu kommen.

Die ist voll mit Menschen. Wahrscheinlich viele Touristen, aber das kann man in Luxemburg nicht wirklich wissen, da hier Menschen aus über hundert Nationen leben.

Als ganz besonders hier empfinde ich die verschiedenen Ebenen, auf der die Stadt erbaut ist und den Fels, der sie teilt.

In ihn hineingebaut wurden die Kasematten, Felsgänge und Höhlen, die der Verteidigung gedient haben.

Der Chef vom Ganzen ist der Großherzog, aktuell Henri. Vor seinem Palast mitten in der Altstadt patroulliert traditionsgemäß die großherzogliche Garde.

Von der Oberstadt aus kann man mit einem verglasten Panoramalift (natürlich umsonst) entlang der UNESCO-geschützten Festungsmauer 71 Höhenmeter runter in die Unterstadt fahren.

Hier kann man gut entspannen bei einem Glas Wein, einem Spaziergang entlang des Flusses oder einem typisch luxemburgischen Abendessen, den Kniddelen mat Speck.

Danach trainieren wir ein paar Kalorien ab, indem wir den Kirchberg erklimmen.

Die Wahl Luxemburgs zu einem der Sitze der Europäischen Gemeinschaft hatte bedeutende Auswirkungen auf die Entwicklung der Stadt. 1961 beschließt die Regierung, auf dem Plateau des Kirchbergs ein neues Viertel entstehen zu lassen, das die europäischen Institutionen beherbergen wird. Das Generalsekretariat des Europäischen Parlaments, der Europäische Gerichtshof, die Europäische Investitionsbank, der Europäische Rechnungshof sowie verschiedene Dienststellen der Europäischen Kommission siedeln sich auf Kirchberg an. 

Kirchberg zeichnet sich durch seine zeitge- nössische Architektur und zahlreiche Kunst- werke im öffentlichen Raum aus.

Die Philharmonie, verschiedene Museen sowie ein Kultur und Konferenzzentrum tragen zur Dynamik dieses urbanen Zentrums bei.

Die Philharmonie

Warum haben wir diese tolle Stadt  nicht schon früher besucht, frage ich mich jetzt. Ich kann eine Städtereise dorthin nur empfehlen.

Unsere Reise endet mit diesem Highlight. Morgen kehren wir nach Deutschland zurück, besuchen noch kurz Familie und Freunde und fahren dann heim. Wir freuen uns jetzt sehr auf zuhause. Neun Wochen sind eine lange Zeit. Jetzt werden wir erstmal das Beisammensein mit unseren Lieben und unser stationäres Zuhause genießen. Das mobile Zuhause darf sich etwas ausruhen, die Pläne für die nächsten Reisen stehen aber schon.

An der Seine

Dass die Häuser hier so schön bunt sind, haben wir einem Unglück zu verdanken. Sie wurden im 16. Jahrhundert auf diese Weise neu aufgebaut, nachdem ein Feuer die mittelalterliche Bausubstanz zerstört hat.

Die Altstadt von Troyes im Zentrum Frankreichs gleicht einem Champagnerkorken, weiß der Reiseführer. Oben im dicken Kopf waren der Adel und die Kirche beheimatet, unten im Körper die Handwerker und Händler. Kanäle trennen die beiden Bereiche, die Seine umrahmt sie.

Wir erreichen die alte Hauptstadt der Champagne gegen vier am Nachmittag und machen uns mit den Rädern auf zur Stadtbesichtigung.

Als erstes stoßen wir auf die Kathedrale. Hier stellen wir unsere Fahrräder ab und erkunden beide Teile der Altstadt zu Fuß.

Überraschend viele Fachwerkhäuser gibt es hier. Dazu gesellt sich eine andere interessante Bauweise, damier champenois genannt, ein Schachbrettmuster aus Kalkstein und Backstein. Manches Mal sind die Fassaden und die Dachschindeln aus Kastanienholz.

Grundsteuer wurde früher an der Breite des Hauses bemessen, so dass die Bauherren bemüht waren, eher schmal zu bauen und stattdessen in die Länge zu gehen.

Glücklicherweise steht die gesamte Altstadt unter Denkmalschutz und entging der architektonischen Innovationswut der sechziger Jahre. Von beiden Weltkriegen verschont geblieben und durch zahlreiche Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten erneuert, erstrahlt Troyes historisches Zentrum in einem entzückenden altmodischen Glanz.

Ganz anders sieht es da aus, wo wir heute Nacht schlafen: auf einem Stellplatz, der zur Mac Arthur Glen-Shoppingmall gehört.

Troyes ist nämlich zugleich die Hauptstadt der Outlet-Center. Bereits in den 1960er-Jahren eröffneten die ersten am Stadtrand, um dort Restposten lokaler Unternehmen abzusetzen. Heute pilgern jährlich mehr als eine Millionen Menschen dorthin, um Designermode, Haushaltswaren und  Kosmetik günstig zu erstehen.

Als wir am Abend aus der Stadt zurückkehren, haben die Geschäfte schon zu. Mal sehen, ob wir morgen Früh widerstehen können.

Von Dorf zu Dorf

Heute ist Fahrtag. Wir wollen 350 Kilometer weiter Richtung Heimat. Bezahlautobahnen nutzen wir dabei nicht sondern fahren auf den gut ausgebauten Routes Nationals (Bundesstraßen) und Routes Départementales (Landstraßen). Auf diese Weise sieht man viel vom Land, kommt langsamer aber interessanter voran.

Allerdings braucht man manchmal auch gute Nerven, denn noch mehr als die Spanier lieben die Franzosen Kreisverkehre. Und noch mehr als Kreisverkehre lieben beide Fahrbahnschwellen, die so hoch sind, dass es äußerst ratsam ist, vor ihnen ordentlich auf die Bremse zu treten und mit maximal 20 kmh drüberzufahren. „Vorsicht! Bempel!“, heißt es dann bei uns im Auto, wobei keiner weiß, woher dieser Name kommt.

Es gibt noch eine angenehmere Art von Schwelle. Sie ist gerade so schmal, dass wir ohne Holpern, aber auch langsam, über sie weg fahren können.

Hier ein paar Schnappschüsse von unserer Fahrt vom Dorf Sainte-Enimie ins Dorf Chassenard.

Kathedrale von Mende
R. L. Stevenson: Reise mit dem Esel durch die Cevennen„. Lesenswert!
Mittagspause
Wiesen und Hügel
Dorfstraße
Landstraße
Avenue

Am Ende war es dann doch etwas lang(weilig) und wir sind froh, am Ziel zu sein. Ein Schiff und wir liegen am Canal de Roanne à Digoin. Das ist ein Stück nördlich von Clermont-Ferrant, bis nach Troyes, unserem morgigen Ziel sind es 250 Kilometer. Aber jetzt erst mal einen Gin und ein Tavla und dann ganz faul mit einem Käsefondue in den Abend gleiten. Cheers.

Runtergucken

Wer runtergucken will, muss erstmal nach oben. Direkt hinter unserem Stellplatz am Ufer des Tarn geht ein Weg hoch, ziemlich direkt, ohne große Schleifen oder sonstige Schnörkel. Da pumpert das Herz und ich muss ordentlich schnaufen, aber um so schneller hat man eine tolle Aussicht.

Auf 1000 Meter kann man schön in die Schlucht des Tarn und auf das mittelalterliche Dorf Sainte-Enimie runtergucken. Man kann den Blick aber auch in die Ferne schweifen lassen und sich dabei freuen, dass der Wetterbericht für heute völlig daneben lag. Kein Regen, dafür viel Sonne!

Nach vier Stunden sind wir zurück im Dorf, das auf eine lange Vergangenheit zurückblickt. Gut erhaltene Häuser zeugen von alten Zeiten.

Dazwischen findet sich moderne Kunst, denn die Gemeinde hat CartoonistInnen aufgerufen, ihre Heldinnen und Helden auf Comiczeichnungen ins Dorf zu bringen. Sie sind zurzeit ausgestellt, im Herbst wird ein Buch davon gedruckt.

Dann endlich sind wir wieder am Bus, können die müden Knochen ein wenig ausruhen und uns über den Apfelkuchen hermachen, den ich heute Morgen gebacken haben. Dazu rauscht neben uns der Fluss.

Kurz vor Feierabend will noch die Einsiedelei oberhalb des Flusses besucht werden. Mit ihr liebäugeln wir schon die ganze Zeit. Also wieder rein in die Wanderschuhe und los. Wir wollen nochmal runtergucken. Auch diesmal geht es ziemlich direkt nach oben, begleitet von tollen Ausblicken. Alle paar Meter bleiben wir stehen und schauen runter aufs Dorf, auf unseren Stellplatz, auf den Fluss. Dann sind wir oben und gucken runter (wir haben ja keine Drohne mehr, da müssen wir selber laufen 😂).

Oben ist eine alte Einsiedelei, mit deren Bau jemand schon im 10. Jahrhundert begonnen hat. Dazu gehört eine Heilquelle, die bei Hautkrankheiten helfen soll.

Die schönen bunten Felsen wollen auch noch fotografiert werden und dann reicht es für heute.

Unsere Stammkneipe wartet.

Durch die Schlucht

Tief frisst sich der Fluss Tarn in die Berge hinein. Er ist knapp 400 Kilometer lang und fließt nördlich von Toulouse von Ost nach West. Berühmt ist er für seine eindrucksvollen Schluchten. Die größte liegt in seinem ersten Drittel zwischen den Orten Le Rozier und Sainte-Enimie. Die ca. 35 km lange Schlucht wird als Gorges du Tarn bezeichnet. Durch sie hindurch verläuft eine Tourismusstraße mit vielen Aussichtspunkten. Die 400 bis 500 m tiefe Schlucht selbst steht teilweise unter Naturschutz.

Gestern haben wir Spanien verlassen und sind durch die französischen Pyrenäen weiter nach Norden gefahren. Schon am frühen Nachmittag waren wir an unserem Ziel und haben uns einen ruhigen Sonntag gemacht – wie die Menschen hier in Auterive auch. Kein Café, keine Bar hatten auf.

Der Ort ist seltsam. Es gibt rechts und links des Flusses Ariège zwei schöne Kirchen, viele alte, verlassene und verfallende Häuser und, wie gesagt, alles zu. Aber: in der Kirche wird gerade ein Konzert gegeben (uns lassen sie leider nicht mehr rein), auf dem großen Parkplatz war Flohmarkt, gerade werden die Tische zusammengeklappt, in der Halle gegenüber spielen die Kinder Basketball. Auf der Straße jedoch ist kein Mensch. Nur wir und ein paar Autos. Dabei ist es lauwarm und die Sonne scheint. Sehr merkwürdig.

Die Gorges du Tarn gehört seit 2011 zum UNESCO Weltkulturerbe. Um dorthin zu kommen, passieren wir wenig besiedelte Landstriche, schöne Dörfer, platanengesäumte Alleen und kommen an der berühmten Brücke von Millau, der höchsten Europas, vorbei.

Wir fahren jetzt durch den drittgrößten Nationalpark Frankreichs, Grands Causses, mit seinen Kalksteinplateaus, und -felsen, in die der Tarn sein Bett gefräst hat.

Das tiefgrüne Wasser gurgelt űber Steine hinweg, an den Hängen kleben braun-graue Ruinen. So ein Glück übrigens, dass wir in der Nebensaison unterwegs sind. In den Sommermonaten tritt man sich hier wahrscheinlich gegenseitig auf die Füße bzw. steht Stoßstange an Stoßstange, wenn man überhaupt noch einen Platz auf den Aussichtspunkten findet. Wenn man jetzt Stimmen hört, sind es die der Kletterer, die sich gegenseitig Befehle geben, oder die der Standup-Paddler, die schnell mit der Strömung voran kommen.

In Sainte-Enimie ist die Schlucht zu Ende und wir können direkt am Wasser für die nächsten zwei Nächte bleiben. Für morgen ist Regen angesagt, wir hoffen, dass wir trotzdem ein bisschen wandern und uns in dem noch hervorragend erhaltenen mittelalterlichen Teil des Ortes umschauen können.

Aber jetzt erstmal: Bienvenu en France! Willkommen in Frankreich!

In den Pyrenäen

Es dämmert gerade, als ich wach werde. Es ist sieben Uhr. Gestern war ich todmüde und habe schon um zehn das Licht ausgemacht. Neun Stunden geschlafen, unglaublich. Wie jeden Morgen muss ich kurz überlegen, wo wir stehen und wie es um unseren Bus herum aussieht. Heute schaue ich auf Blumen und in die Berge.

Ich schnappe mir mein Handy, stelle den Rooter mit der spanischen Simcard drin an und lege mich nochmal ins Bett. Wer hat mir geschrieben? Nachrichten von meinen Lieben sind immer der beste Start in den Tag. Schließlich stehe ich auf, setze Kaffeewasser auf, wasche mich in unserem Minibad und mache Frühstück.

Wir werden uns heute der französischen Grenze nähern und für diese Reise ein letztes Mal einen spanischen Nationalpark in den Pyrenäen besuchen. Sein Name ist ein Zungenbrecher: Aigüestortes i Estany de Sant Maurici.  Aigüestortes ist Katalan und bedeutet so viel wie „gewundene Gewässer“. Der Fluss San Nicolás windet sich hier durch die Gegend. Estany de Sant Maurici ist der katalanische Name eines Sees im Park, der auf Spanisch Lago de San Mauricio heißt.

Wir steuern das Bergdorf Espot an. Es liegt auf 1300 m und ist von 2000 m hohen Bergen umgeben.

Gegenüber vom großen Parkplatz warten die Taxi-Jeeps auf Kundschaft: für fünf Euro pro Person bringen sie einen hinein in den Nationalpark zum namengebenden Stausee Sant Maurici.

Der liegt auf 1900 Metern und ist noch mit einer festen Eis- und Schneeschicht bedeckt.

An ihm entlang geht es nochmal ein Stück höher. Der Weg ist sehr gut angelegt, ab und zu gibt es matschige oder verschneite Stellen.

Nach einer halben Stunde erreichen wir einen Wasserfall. Uns zieht es noch höher hinauf.

Wir hatten diesen Winter ja noch nicht so viel Schnee.

Auf 2200 Metern liegt der nächste Stausee. Er ist kleiner aber nicht mehr zugefroren.

Runterwärts ist es etwas rutschig, aber ich habe eine stützende Hand an meiner Seite.

Der Jeep bringt uns wieder zurück, nach einem Kaffee im Dorf steigen wir um in unseren Bus und fahren Richtung Vielha. Dass wir dort nur über einen 2070 Meter hohen Pass hinkommen, hatten wir nicht auf dem Schirm.

Oben scheint die Sonne, es ist 16 Grad warm und wir beschließen, für den Abend und die Nacht hierzubleiben. Morgen früh, wenn ich wach werde, und mich frage, wo und wie wir stehen, werde ich mich wundern.

22 Tunnel

La Fontcalda (hot spring) las ich gestern auf Google Maps. Alle Bilder von den Hot Pots, den heißen Quellen, in denen ich auf Island saß, poppten vor meinem geistigen Auge auf. Da will ich hin! Freudig packe ich meine Badesachen in die Fahrradtasche.

Denn um das Ganze noch zu toppen, kann man nach Fontcalda auf einer Via verda, einer ehemaligen Bahntrasse, radeln.

Auf der 23 Kilometer langen Strecke verband der Zug in einem Seitental des Ebro fünf Ortschaften miteinander. Das ist eine Beschönigung, denn um vom Dorf zum Bahnhof zu kommen, musste man vier, fünf Kilometer laufen.

Für die Trasse wurden Tunnel in den Fels gesprengt, auf dem Rückweg habe ich 22 gezählt – und wir sind nicht die ganze Strecke, sondern nur 15 Kilometer gefahren.

Es ist 22 Grad warm und es fühlt sich so gut an, wenn ich aus dem kalten und dunklen Tunnel wieder in die Sonne fahre. Rechts und links von mir rote Felsen, mal schroffe senkrechte Spalten, mal weiche runde Gesteinsformen.

Nach zehn Kilometern der ersehnte Wegweiser zur Fontcalda. Auf einem steilen kurzen Weg sausen wir hinunter ins Tal.

In einer Schlucht sind niedrige Becken, die Fingerprobe betrübt: das ist definitiv keine HEISSE Quelle. Okay, das Wasser ist nicht eisig, auch nicht kalt, aber eben auch nicht heiß oder zumindest lauwarm. Dafür ist mir der Aufwand, die Badesachen (möglichst diskret) anzuziehen zu hoch und ich belasse es dabei, meine Füße zu baden.

Zurück am Bus machen wir die Nudeln von gestern warm und freuen uns über diese tolle Radtour – auch ohne heiße Quelle.

Dann fahren wir weiter am Ebro entlang, der sich lange Zeit seinen Weg durch die Berge fräst. Zum xten Male denke ich mir, wie schön es im Landesinneren ist und wie wenig Leute hier unterwegs sind. Alles drängelt sich am Meer, hier ist kaum einer unterwegs.

Bötchen fahren

Kopf einziehen! Die Enten kommen. Im Tiefflug umkreisen sie unser Ausflugsbötchen, wissend, dass die Touristen ihnen gern mal einen Leckerbissen zuwerfen. Manche landen so dicht neben uns, dass wir gleich ein zweites Mal geduscht werden heute Morgen.

Wir sind auf dem See des Albufera-Naturparks, der kurz hinter unserem Valencia-Campingplatz beginnt. Mit dem Rad erreichen wir die Lagune ruckzuck und freuen uns, als wir entdecken, dass hier Bötchenfahrten angeboten werden. Außer den Enten sind noch Möwen unterwegs. Das ist nicht viel, dafür dass es hier 250 verschiedene Tierarten geben soll und der See zur Zeit des Vogelzugs ein wichtiger Rastplatz für viele Vögel auf ihrer Europa-Afrika-Route ist. Das macht aber nichts. Wir genießen die Bootsfahrt einfach so, unser Käptn raucht eine dicke Zigarre und erklärt uns das Biotop auf Spanisch, die jungen Eltern neben uns singen -„Alle meine Entchen“ für ihre Tochter und wir unterhalten uns nett mit einer jungen Journalistin aus Hamburg.

Gestern haben wir erfahren, dass Valencia DIE Paellastadt ist. Nach der Bötchenfahrt ist Mittag. Ob es hier eine gibt?

Leider nicht. Stattdessen halt zwei Kaffee. Auch gut. Dann fahren wir weiter, immer an der Orangenblütenküste (Costa del Azahar) entlang Richtung Nordosten, Richtung Heimat. Zehn Tage haben wir für die Rückreise kalkuliert. Bei etwa 1800 Kilometern sind das doch angenehme Tagesetappen.

Unsere erste führt uns ins Delta des Ebro. Damit haben wir einen weiteren Naturpark erreicht. Gut so, denn trotz ihres wunderschönen Namens ist die Orangenblütenküste in unseren Augen alles andere als schön. Eine Hotelanlage reiht sich hier an die nächste. Dazwischen auch gern mal ein Gewerbegebiet.

Das Delta des Ebro, des längsten Flusses in Spanien, ist riesig: 325 km² groß. Neben dem Nationalpark Doñana, in dem wir vor ein paar Wochen waren, ist es eines der bedeutendsten Feuchtgebiete Spaniens. Nach dem Nildelta ist es das größte am Mittelmeer.

Wir holen nochmal die Räder vom Fahrradträger und radeln hinein ins Sumpfland voller Kanäle, Reisfelder, stehenden flachen Gewässern und vielen Vögeln, die wir durchs Vorbeifahren leider aufschrecken.

Ich bekomme auch einen Schreck: mein Hinterrad fühlt sich gar nicht gut an. Ich steige ab und gucke: nicht mehr allzu viel Luft ist im Reifen. Bis zu unserem Bus sind es noch gute sechs Kilometer. Wir beschließen, dass ich schiebe und Achim mit seinem Rad zum Bus fährt und mich dann abholt.

Hm. Ich probiere mal was aus. Die Straße ist asphaltiert und eben. Ich schalte auf „Turbo“, verlagere mein Gewicht so gut es geht nach vorn und düse los. Tatsächlich schaffe ich fünf Kilometer mit dieser Methode. Den letzten Kilometer schieben wir gemeinsam.

Dann machen wir Arbeitsteilung: ich kümmere mich um die Nudeln zum Abendessen und Achim repariert mal wieder mein Rad. Denn für morgen Mittag haben wir noch eine interessante Tour entdeckt. 60 Kilometer von hier.

Mit dem Rad durch Valencia

Ja, die Stadt hat was. Viel Flair, tolle Radwege und ganz viel Sonne. Heute jedenfalls. Herrlich. Wir fahren etwa sechs Kilometer am Meer entlang, vorbei am Strand und dem Hafen, bis wir linkerhand die ersten Gebäude der Ciudad de las Artes  y las Ciencias sehen und wir einen Linksschwenk machen.

Die Ciudad de las Artes y las Ciencas, also die Stadt der Künste und der Wissenschaften, befindet sich auf einem 350 000 qm großen Gelände im alten Turia-Flussbett. Sie besteht aus einem beeindruckenden Komplex spektakulärer Gebäude, die großenteils vom weltberühmten Architekten Santiago Calavatra stammen und ein Opernhaus, ein Wissenschaftsmuseum, ein 3D-Kino und ein Aquarium beherbergen. Wir gehen nirgendwo rein sondern haben Freude daran, das Gelände zu durchlaufen und Fotos zu machen.

Von hier an folgen wir dem Grüngürtel, der die Altstadt im Osten umfasst. Früher ist hier einmal der Fluss Turia geflossen. Nach der Hochwasserkatastrophe am 14. Oktober 1957, bei der 80 Menschen starben und immense materielle Schäden entstanden, wurde der Fluss in ein künstliches Flussbett umgeleitet. Das alte Flussbett ist heute über neun Kilometer hinweg eine Parkanlage zum Spazieren gehen, Radfahren und allem, was den Menschen so einfällt: Picknicken, Musik machen, Kiffen, Knutschen, Akrobatik, in der Hängematte liegen, Roller fahren, schlafen.

Über die Blumenbrücke verlassen wir die Grünanlage und radeln in die Altstadt. Mit der Besichtigung nehmen wir es heute locker. Wir sind nach sechs Wochen sehr gesättigt mit schönen Orten, haben viele Kathedralen, Märkte und Türme gesehen.

Eine Spezialität gibt es aber nur hier und die macht uns doch neugierig: Es ist eine Valenzianische Tradition, eine Horchata zu trinken und ein Faton dazu zu essen. Diese Leckereien werden an jeder Ecke, auch vom Verkaufswagen aus, angeboten, uns aber wurden die bei Santa Catalina von unserer Freundin Petra empfohlen.

Die Horchata ist eine Milch aus zerstampfter Tigernuss, Chufas. Eigentlich stammt sie aus Afrika, wurde im 8. Jahrhundert nach Spanien importiert und jetzt vor allem hier in Valencia angebaut und für die Horchatas verwendet. Die dazugehörigen Fatons sind längliche Stäbchen aus Hefegebäck, die in die Horchata getunkt werden.

Wir stellen die Räder ab und laufen noch ein wenig durch das Barrio El Carmen, ein mittelalterliches Gassenlabyrinth, das vorsichtig restauriert wurde und scheinbar ohne Gentrifizierung sein Flair erhalten konnte.

Auf der Rückfahrt queren wir den umgebetteten Fluss Turia, und staunen: das ist kein Bach, den die Valencianer verlegt haben. Ganz schön mutiges Projekt.

Zurück ans Meer

Wir sind zurück am Meer, zehn Kilometer südlich von Valencia, und der Frühling ist auch zurück! Für morgen ist hier mit 26 Grad sogar Sommer angesagt. Das ist hervorragend, denn unser Campingplatz liegt am Radweg in die Stadt und nach den reichlich kalten und nassen Tagen über Ostern lechzen wir nach schönem Wetter. Das ist auch der Grund, warum wir heute einen Sprung von gut 300 Kilometern nach Osten gemacht haben: beim Blick in wetteronline war klar, wo wir hinwollten.

Unser Platz auf dem Platz gewinnt keinen Preis in einem Schönheitswettbewerb, aber zumindest ist es einer. Wir wissen ja schon von den letzten Wochen (und bekommen es hier auch nochmal bestätigt), dass an der Küste alles voll und frei stehen nicht erlaubt ist. Der junge Mann, der vor unserem Bus seit einer halben Stunde akribisch den Kies recht, übt aber vielleicht tatsächlich für einen Wettbewerb.

Gestern war es auch sonnig, aber recht frisch mit zehn Grad. Wir haben uns einen gemütlichen Tag mit Lesen, Spazieren gehen und Vögel gucken im Nationalpark Tablas de Daimiel gemacht.

Heute Morgen sind wir nach dem Frühstück in die Ortschaft Daimiel gefahren und haben für frisches Gas und Internet gesorgt. Gas gibt es an der Tankstelle für 14 Euro (in Deutschland haben wir schon mal das Doppelte bezahlt, Internet im Tobaco, diesmal mit eindrucksvoller Wandbemalung.

Von unterwegs ein paar Schnappschüsse:

Wir sind gespannt auf Valencia. Eine unserer Freundinnen war gerade dort und hat tolle Fotos geschickt. Ich freue mich drauf.